Alles egal, oder was?

 

Vermutlich ist es wahr, dass das Leben kein Ponyhof ist. Und es ist auch eine Tatsache, dass wir in einer Welt leben, die von Bürokratie und Vorschriften fast erstickt wird. Wir Menschen gewöhnen uns schnell an die Dinge, die offenkundig sinnlos und konterproduktiv sind, wie wir uns auch an das Gegenteil gewöhnen können. Das Althergebrachte, was schon immer gut funktionierte, weil niemand etwas wirklich verändert hat haben wir uns kultiviert. Dieses Althergebrachte – „Bewährte“ – rühren wir nicht an, weil es zuviel Staub aufwirbeln würde, es bringt zuviel durcheinander, es ist ein unbequemer Zustand und bringt einen selbst in die Schusslinie. Und darin kann man bekanntlich umkommen, wenn man dem Druck nicht standhalten kann. Und Zivilcourage gehörte ja noch nie zu den menschlichen Tugenden, wie die Geschichte beweist.

Schnell ist man in den Augen der Umwelt ein Träumer, einer der sich zu viele Gedanken um „Unwichtiges“ macht, weil man die offenkundig mangelnde Logik und Vernunft bestimmter eingefahrener Dinge in unserer Gesellschaft einfach unkommentiert hinnimmt und sich nicht weiter gedanklich damit beschäftigt. Manche Menschen bemerken diese Diskrepanzen zwischen Sinn und Wahnsinn durchaus, aber sie würden sich nicht öffentlich oder auch privat darüber Gedanken machen. Stattdessen nehmen sie es hin und arrangieren sich mit dem was man vermeintlich ja doch nie ändern könne.

Aber Veränderungen in der Gesellschaft haben mit dem freien Gedanken zu tun. Ein freier Geist kann nur wirken, wenn man auch Konsequenzen daraus zieht und sich der Schar der vielen Jasager und Menschen mit Vogel Strauß Politik entzieht – indem man es auch einmal klar sagt, welche Schieflage man erkennt, auch wenn einem naturgemäß stets gespiegelt wird, dass man sein Leben mit Dingen füllt, die niemanden weiterbrächten. Man solle es doch einfach mal hinnehmen und sich keine Gedanken machen. Wenn man Dinge anspricht, die im Alltag ja tatsächlich voller Irrwitz und mangelnder Logik und auch mitunter fehlender Intelligenz sind, gerät man gern und schnell in den Verdacht, man käme mit seinem Leben nicht zurecht, weil man sich zu viele Gedanken um das „Unabänderliche“ mache. Man ist vermutlich anstrengend für seine Umwelt.

 Ich kann dann nur vermuten, dass die Missstände und Kuriositäten im Alltag anderen auch auffallen, nur mit dem Unterschied, dass sie sich nicht damit beschäftigen möchten, weil sie sich arrangiert haben und weil sie lieber den Weg des geringsten Widerstands gehen möchten. Dabei verteidigt man das System und zementiert den Irrsinn im Alltag dieser Gesellschaft noch mehr ein. Und das, obwohl man doch auch durchaus wahrnimmt, dass viele Dinge um einen herum keinen echten Sinn ergeben. In gewisser Weise tun wir das wohl alle. Jeder auf einem anderen Gebiet. Wir bauen alle an diesen Gefängnismauern gesellschaftlicher Konventionen und bilden uns ein, wir könnten unseren freien Geist ausleben. In Wirklichkeit haben wir alle ein Brett vor dem Kopf, es kommt nur auf den richtigen Abstand an. Niemand kann sich davon ausnehmen.

 Für mich ist es kein belastender Zustand, die teilweise irrwitzigen Mechanismen hinter den Maßnahmen bei Gesetzen, Büroalltag, Kriegsstrategien, Geschäftspraktiken etc. zu bemerken und mir meine Gedanken darum zu machen. Auch nicht, sie zu benennen und sie als das zu entlarven, was sie sind – Zum Teil alte Zöpfe, die man jedes Mal von Generation von Generation neu wieder zementiert. Ich halte mein Leben nicht für unendlich verkompliziert dadurch, dass mir Ambivalenzen auffallen. Dadurch bemerkt man ja auch die Verlogenheit und das ganze Trugbild, das uns in vielerlei Hinsicht vorgegaukelt wird. Auf den ersten Blick erscheint alles doch sehr vernünftig und logisch. Man müsste also oberflächlich betrachtet nicht weiter darüber nachdenken und kann es als gegeben hinnehmen. Es ist der einfachste Weg.

Aber ist der einfachste Weg auch immer der beste für alle Menschen? Manchmal kommt es mir vor als sollten wir am besten wie in einer Schafherde brav im Gatter bleiben, damit man uns besser kontrollieren und manipulieren kann. Man gibt uns Empfehlungen wie wir uns ernähren sollen, wie wir leben sollen und was ein gesellschaftlich akzeptables Leben sei, was „man“ erreicht haben sollte im Leben - und diese Empfehlungen sollen dann für alle pauschal gelten. Und wir sollen uns dann alle pauschal dran halten, weil wir ja alle gleich seien. Dass Ausnahmen die Regel bestätigen, geht leicht unter. Und dass es „das gelungene Leben mit der optimalen Lebensführung“ nicht gibt, wird auch gern unter den Teppich gekehrt. Wir sollen normiert sein, Abweichler sieht man nicht gern, sie bedrohen das System und wer aus dem System heraus fällt, weil er zuviel fragt und denkt und handelt, der ist unbequem. Und das macht Arbeit und könnte vielleicht andere Unbequeme nachziehen. Also lullt man uns ein und wir sollen nach Möglichkeit den Ablauf der eingefahrenen Maschinerie nicht stören.

 Wie unbeliebt ein freier Geist ist, merke ich an kleinen Dingen. Und wie wenig hinterfragt wird, wie sinnvoll mancher Umgang mit Dingen auch beim sog. „mündigen“ Bürger ist, wird mir hier sehr klar.

In einer bundesdeutschen Behörde kleben überdimensionierte Zettel mit roter Aufschrift „Einzelabfertigung“ !!!!!! „Erst Klopfen, dann Eintreten“ !!!!!! Auf der Toilette hängt ein Schild über dem Waschbecken, auf dem groß und breit steht: „Toiletten sauber hinterlassen“ !!!!!!! Und keiner scheint sich daran zu stören, dass man wie ein Hund an der Leine verbal mit Ausrufezeichen und kategorischem Imperativ zusammengestaucht wird, noch bevor man an etwas Böses denken kann. Bei amtlichen Schreiben werde ich „belehrt“. Wenn eine Behörde von mir eine Auskunft will, bekomme ich eine „Anhörung“ . Für mich hört sich das sehr autoritär an. Dabei sollte doch der Staat für die Bürger da sein und nicht der Bürger für den Staat. Wir zahlen Steuern für diese Verwaltung, angeblich sind wir ja freie Bürger und der Staat sind auch wir, aber im Grunde gehen wir alle als Bittsteller in eine bundesdeutsche Behörde, die uns mit vielen Ausrufezeichen und noch mehr kategorischem Imperativ diszipliniert, auf dass wir uns wieder im Schafgatter einreihen sollen.

 Ich möchte kein Schaf sein. Man zeige mir den, der gern ein Schaf sein möchte. Ich möchte nicht gern derart offenkundig ins Schafgatter gedrängt werden. Es stört mich, dass man so offensichtlich meint, dass wir hier alle so dumm wären, dieses nicht zu merken. Aber warum lassen wir uns das bieten ? Fehlt uns der Mut, oder warum tun wir nichts gegen diese vielen sinnlosen Ausrufezeichen, die uns bei Behörden verfolgen? Warum bittet man uns nicht zu klopfen und einzeln einzutreten? Wozu brauchen wir den kategorischen Imperativ dafür?

Es ist sicher nicht den Beamten allein anzulasten, dass sie die vielen kategorischen Imperative so kritiklos unterstützen, denn es ist ja nun mal ihr Arbeitsplatz und Brötchengeber. Jeder Beruf prägt. Aber vielleicht würde es helfen wenn man einmal statt der vielen Ausrufezeichen ein „Bitte“ verwenden würde und den sogenannten mündigen Bürger nicht wie einen kleinen Bittsteller behandeln würde. Denn genauso fühle ich mich in einer Behörde. Und sicher geht es nicht nur mir so. Man muss sich immer hinten anstellen und die Behörde ist immer am längeren Hebel. Von Service kann keine Rede sein, man ist eine Wartenummer.

Schmerzfrei stehen die meisten Menschen dem gegenüber und nehmen es hin anstatt sich mal zu wehren gegen diese Einordnung des Bürgers als Teil eines Schafkollektivs. Natürlich könnte man über vieles hinwegsehen, weil man ja nichts ändern kann am System. Aber ich bin der Meinung, dass Wissen Macht ist. Im Positiven wie im Negativen.

 Es gibt noch mehr Dinge bei denen ich mich an den Kopf fassen könnte. Politiker lügen so offenkundig in die Kamera, dass man sich fragen könnte, ob man nicht für seine Steuergelder mehr Talent zum Lügen erwarten dürfte. Aber das passiert nicht. Wir bekommen immer nur das billige Schmierentheater, das uns die Politik schon immer angeboten hat. Man macht sich nicht einmal die Mühe, uns gekonnt zu belügen. Das lässt sehr darauf schließen, dass man uns nicht ernst nimmt.

Ein anderes Beispiel, das mir jüngst aufgestoßen ist, ein Beispiel aus dem Gesundheitswesen. Es wird doch immer bemängelt, dass es zuwenig Blutspender gebe. Einige Leute jedoch dürfen nicht Blut spenden. Drogenabhängige zum Beispiel nicht. Das sehe ich ein.

Aber Diabetiker mit Insulinpflicht dürfen auch nicht spenden. Diabetiker ohne Insulinpflicht jedoch dürfen. Es geht um ein statistisches Infektionsrisiko durch die Verwendung von Spritzen, nicht um „verseuchtes“ Blut durch den Diabetes. Als Diabetiker mit Insulin ist man also aus Haftungsrechtlichen Gründen zu einer Form des Fixers mutiert, obwohl zwischen Fixer und Diabetiker große Unterschiede bestehen. Ein Diabetiker ist gut durchgecheckt, muss regelmäßig zum Arzt und ist gesundheitlich engmaschig unter Kontrolle. Ein Fixer nicht. Wenn man also eine gute Kontrolle über einen Gesundheitszustand hat, dann beim Diabetiker. Des weiteren liest man überall, das gespendete Blut würde immer auf Herz und Nieren geprüft. Und hier falle ich über die zweite Logikfalle : Wenn man alle Blutproben gut prüft, warum schließt man den Insuliner mit den wirklich flächendeckend dokumentierten Gesundheitswerten aus? Wäre man nun konsequent, dürfte der Diabetiker ohne Insulin nicht spenden dürfen. Der jedoch darf, denn er ist nicht in der Risikogruppe derer mit Injektionsnadeln. Nun ist aus den genannten Gründen der Fixer und Drogenabhängige ein anderer Fall als ein insulinpflichtiger Diabetiker. Aber man macht es sich einfach und kategorisiert alles was mit Spritzen zu tun hat in die Risikoecke, obwohl man das nicht in einen Topf werfen kann. Es wird haftungsrechtliche Gründe haben und man wird sich Arbeit sparen wollen. Aber wer garantiert den Blutspendediensten, dass die sog. „gesunden“ Spender nicht auch ungeeignet sind, weil sie vielleicht Hepatitis und sonstige Dinge haben? Es gibt doch wenig derart flächendeckend Überwachtes wie Menschen mit chronischen Krankheiten. Und wenn man jede Spende genauestens prüft, warum kann man die Spenden von Diabetikern auf Spritze nicht auch prüfen? Die sind sicherlich genauso gesund oder ungesund wie die sog. Gesunden – wenn nicht gesünder, weil sie ja regelmäßig zum ärztlichen Kontrolltermin müssen.

Jetzt könnte man sagen, „dann muss man eben nicht Blut spenden. Warum regt man sich auf?“ Mir stößt das unangenehm auf.  Und ich kann auch sagen warum.

Es sind kleine, aber bemerkbare Diskriminierungen, die man vornimmt, wenn man zu allgemein nach allgemeinem Muster die Welt in Risikofaktoren und Effektivität einteilt. Das Muster Spritze ist per se Risikofaktor ist gleich Ausschlusskriterium greift nur in der Theorie und in der Statistik in diesem, meinem Beispiel. Man schafft man in der Realität Vorschriften, die dazu führen, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Und begründet wird das mit einem erhöhten Risiko für den Empfänger. Das Risiko für den Empfänger von Blutspenden ist jedoch immer da, dafür prüft man ja die Blutspenden so gut, wenigstens hoffe ich das. Ich sehe da eine logische Schieflage. Irgendwas passt da nicht zusammen in der Argumentation. Solche Argumentationen beleidigen die Intelligenz der Menschen. Es wäre sehr viel ehrlicher, man würde uns gleich sagen, dass es bei solchen „Risikoeinschätzungen“ lediglich um Effizienz, Kostensparen und Haftungstechnische Fallstricke geht. Und woher hat man diese Zahlen, die uns zu Risikofaktoren machen oder nicht?

Aus der Statistik. Herr und Frau Mustermann aus dem Personalausweis. Versicherungsmathematiker rechnen aus, welches Risiko jeder von uns darstellt und daran macht man fest, ob wir eine Risikolebensversicherung bekommen dürfen oder nicht.  Ob wir einen Kredit bekommen dürfen, oder nicht. Meine Schufa bekommt schon Kratzer, wenn ich nicht in einem guten Wohnviertel lebe. Ob ich meine Rechnungen trotzdem bezahlen kann, spielt keine Rolle. Es ist ja statistisch erhoben, dass Menschen aus Problemvierteln öfter mal klamm sind oder zu kriminellen Handlungen neigen. Also muss das wohl für alle gelten. So denkt diese Organisation wohl. Wir sind alle nur noch Zahlenkolonnen, nach denen Versicherungsmathematiker errechnen, was wir kosten, was wir bringen. Was wir wert sind. Was soll bei so einer Grundlage anderes herauskommen als Diskriminierung? Wir hören von statistischen Erhebungen und denken, das sei ein Abbild der Gesellschaft. Es ist ein Zerrbild. Denn nach diesem Zerrbild werden wir beurteilt. Eingeteilt in Minderleister und Leistungsträger, und je mehr Beeinträchtigung statistisch gesehen besteht, desto mehr sortiert man uns in Richtung potentielle Minderleister ein und behandelt uns dementsprechend, bis hin zur Bezahlung für die Arbeit. Sei es nun aus körperlichen oder seelischen Gründen, aus wohntechnischen oder finanziellen Datenerhebungen heraus, man entkernt uns und übrig bleibt eine einzige große Risikoberechnung.

Das bedeutet eine Reduktion des Menschen auf seine wirtschaftliche Verwertbarkeit, zudem gesellt sich als  andere Bewertungsebene die sexuelle Attraktivität.

Wir sind keine Menschen aus Fleisch und Blut mehr, wir sind nur noch Nummern mit roten, grünen oder blauen Reitern in unserer Akte. Wir sind Fälle. Der Blinddarm, der Beinbruch, die Gehirnerschütterung. Und wir sind in der Gruppe der Risikofaktoren unterschiedlich sortiert. Ob wir da hineinpassen, wo man uns hineinsortiert hat, ist eine andere Frage. Hauptsache, es ist versicherungsmathematisch plausibel, spart Geld und macht diese Gesellschaft effektiv. Mehr muss man nicht wissen, mehr ist nicht nötig. Die statistisch errechnete Gruppe der Leistungsträger wird umgarnt, der Rest bekommt nur das, was unbedingt notwendig ist. Wer durchs Raster fällt ist dann Bückware. Mensch 2. Klasse. Bittsteller. Da bekommen behinderte Kinder ihren Rollstuhl erst, wenn sie bereits keinen mehr brauchen. Wir warten dreimal so lang beim Arzt, weil wir keine Privatpatienten sind .

Die Liste könnte unendlich lang werden, man könnte aufhören, dies zur Kenntnis zu nehmen, weil es „eben so ist“ und „weil man sowieso nichts ändern könnte“ Aber wir leben in dieser kalten zynischen Welt. Und es fällt einem an jeder Ecke auf die Füße, dass man mit zweierlei Maß bewertet wird.

Man könnte argumentieren, dass jeder seines Glückes Schmied ist und man selbst was tun muss, damit man sich nicht unterbuttern lässt. Ich finde das richtig, aber dazu gehört auch, dass man ich dieser Dinge bewusst ist und sich noch darüber aufregen kann. Denn wenn man immer nur sagt, dass Dinge eben so sind und man sowieso nichts machen kann, ändert sich nie etwas und man reiht sich selbst freiwillig in die Schafherde ein. Ob aus Dummheit oder Frust oder Kraftlosigkeit – die Gründe sind vielfältig. Man macht es den Versicherungsmathematikern und Geldoptimierern leicht uns weiter hinter den Ofen zu führen und uns weiter und noch tiefer in ihr Schubladensystem zu sortieren. Wenn man nicht zeigt, dass man als mündiger Bürger, als Patient, als Mensch als Individuum zu denken fähig und willens ist, muss man sich nicht wundern, dass man uns die Flügel immer weiter stutzt bis wir irgendwann gar nicht mehr fliegen können. Und irgendwann werden wir uns dann auch abgewöhnt haben, zu fragen, warum wir eigentlich nicht mehr fliegen können und wo unsere Flügel geblieben sind.

Ganz einfach – man hat sie uns abgenommen und beschlagnahmt. Und wir haben es nicht gemerkt, weil wir uns nicht aufregen wollten, weil wir dachten, es lohne sich nicht, sich darüber noch Gedanken zu machen. Wir könnten uns auch mit dem Malen von Bienchen und Blümchen beschäftigen, wir könnten uns auch mit ausschließlich schönen Dingen beschäftigen, uns aus dieser Welt um uns ausklinken und in unserem Feng Shui Garten .auf gehen. Wir könnten uns auch die Welt rosarot und hellblau gestalten und alles ausräuchern, was unser Weltbild stört. Aber ich glaube es bringt wenig, wenn man die sogenannten „Negativen Dinge“ komplett ausblendet und damit nichts mehr zu tun haben möchte. Man muss eine Balance finden.

Es heißt oft, man würde sich belasten und behindern, wenn man sich bewusst mit den Schachereien und dem mittlerweile salonfähigen Zynismus auseinandersetzt. Ich finde jedoch, dass man seine Freiheit und seinen kritischen Geist bewahren muss, damit man nicht irgendwann mit gestutzten Flügeln im Gehege sitzt. Und ein unfreier Geist muss nicht zwangsläufig erfüllter sein. Alles andere hat für mich etwas von Weglaufen vor der Auseinandersetzung dass Freiheit kein selbstverständliches Gut ist und dass man uns Freiheit auch ohne brachiale Methoden nehmen kann.

 Freiheit muss man sich nehmen. Und dazu gehört Mitdenken und Durchschauen und sich auch mal darüber aufregen dürfen, anstatt sich ergeben aus dem Lebensbereich herauszuziehen, weil es auch mal anstrengend sein kann. Ich für meinen Teil finde es sogar manchmal sehr inspirierend, ich bemerke diese Dinge am Wegesrand und dennoch belastet mich das nicht großartig. Das liegt wohl auch daran, dass ich mein Leben lang sehr viel Kampfgeist beweisen musste um mir nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Ich habe eine gute Balance für mich gefunden und werde an den Diskrepanzen und Verlogenheiten dieser Gesellschaft nicht kaputtgehen. Meine Welt ist nicht rosarot und hellblau und ich finde es wichtig, sich der Fallen bewusst zu sein, sonst kann man sich nicht wehren und auch nicht vorbauen. Das Erkennen und auch der gelegentliche Ärger darüber wie zynisch bis lächerlich der Umgang mit dem Menschen und der Menschenwürde ist, hilft auch, sich zu wappnen und dem Ganzen nicht ganz so blauäuig gegenüber zu stehen. Wer weiß was gespielt wird und wie man sich davor schützen kann, selbst als Spielball verwurstet zu werden, hat durchaus Vorteile. Es schult auch den Blick wer Freund und wer Feind ist. Es ist gut für die Menschenkenntnis. Hinterfragen schadet nie. Und gerade in unserer Welt, in der man uns von höchster Stelle ausspioniert, jetzt da wir es offiziell auch wissen, obwohl wir es schon lange ahnten, dass alles was möglich ist auch gemacht wird, ist das wichtig, dass wir nicht wie blinde  Schafe innerhalb der Grenzen eines Elektrozauns herumstehen  .

Wir sollten uns auch mal über Missstände und Bestrebungen uns unserer Funktion als mündiger Bürger zu berauben richtig aufregen dürfen . Wir sollten uns aufregen, wenn man uns für dumm verkaufen will und unsere Intelligenz unterschätzt. Aber solange wir schlucken und schweigen hält man uns weiterhin für unmündig und geistig minderbemittelt und behandelt uns dementsprechend. Denn Freiheit ist nicht selbstverständlich. Wir müssen sie uns nehmen. Und wenn sie uns einer nehmen will, müssen wir sie verteidigen und auch mal den Mund aufmachen, wenn wir merken, dass man uns wieder mal ein Stück mehr die Flügel stutzen möchte.

 Dabei möchten wir doch so gern auch mal fliegen. Warum lassen wir die mit der Schere so bereitwillig an unsere Flügel und wehren uns so wenig dagegen - versteht das jemand?